Mit dem Label "Kinderfreundliche Gemeinde" zeichnet Unicef Schweiz Gemeinden aus, die sich systematisch verbessern und ihrem Nachwuchs ein Aufwachsen in einem kinderverträglichen Umfeld ermöglichen. Auf dem Weg zur Erlangung des Labels bindet Münchenstein die direkt Betroffenen mit ein – so etwa bei Workshops und Streifzügen mit Schulkindern.

Mathe, Deutsch, Musik und Englisch stehen für gewöhnlich bei der 5b im Schulhaus Loog am Donnerstagmorgen auf dem Programm. Nicht so am 27. April: Der Morgen begann mit einer von Zeno Steuri und Pascale Bächler von der Organisation KinderKraftWerk moderierten Doppellektion zu den Themen Mobilität und Schulweg, Freizeit und Freizeitorte. Das KinderKraftWerk unterstützt die Koordinatorin der Gemeinde Münchenstein Vivian König auf dem Weg zur Zertifizierung mit dem UNICEF-Label.

Nach der grossen Pause begab man sich aufgeteilt in zwei Gruppen auf einen Streifzug durchs Quartier. Zu den Zielen zählten Örtlichkeiten, die von den Schulkindern vorgängig ausgewählt wurden – seien es nun Lieblingsplätze, Orte mit Potential oder solche, die Gefahren bergen. "Der neue Fussballplatz Au und der Vitaparcours sind super. Der Fussgängerstreifen über die Heiligholzstrasse ist aber viel zu weit weg", kommentiert Elias eine Station. "Hier lässt der Strassenbelag sehr zu wünschen übrig, und die Autofahrer sollten mehr auf die Kinder achten", kritisiert Nora die Situation beim Zubringer in die Ahornstrasse. Mit einer Tonaufnahme auf dem Tablet und einem Polaroid-Bild werden die von den Kindern definierten Örtlichkeiten festgehalten. Die Farbe des Fähnchens auf dem Bild – Grün, Gelb und Rot stehen zur Auswahl – gibt Auskunft über die Aufenthaltsqualität.

Die 5b ist eine von insgesamt sechs Schulklassen sämtlicher Primarschulen und Schulstandorte, die sich in der zweiten Aprilhälfte einen Morgen dem Ziel gewidmet haben, die Kinderfreundlichkeit ihres Quartiers zu prüfen. Die Erkenntnisse aus den Streifzügen wurden jeweils anschliessend in der Gruppe diskutiert und von Seiten KinderKraftWerk dokumentiert. Die gesammelten Ergebnisse werden nach der Auswertung voraussichtlich im August in einer öffentlichen Vernissage vorgestellt.

Seit Herbst 2021 verfolgt die Gemeinde Münchenstein das Ziel, sich mit dem Label "Kinderfreundliche Gemeinde" von Unicef Schweiz zertifizieren zu lassen. Damit soll der Wille ausgedrückt werden, dass sich die Gemeinde nicht nur gegenwärtig stark für ihren Nachwuchs engagiert, sondern dies dezidiert auch in Zukunft tun möchte. Eine vorgängig vorgenommene Standortanalyse zeigt, in welchen Bereichen Optimierungsbedarf besteht. Die Analyse hat ergeben, dass die Gemeinde in vielen Bereichen in Sachen Kinderfreundlichkeit bereits sehr gut aufgestellt ist, so etwa in den Bereichen "Kindesanhörung" und "Frühbereich und Familie". Gleichwohl wurde auch Optimierungsbedarf erkannt und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet. Zwei Kernbereiche mit empfohlenem Handlungsbedarf sind die systematische Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an für sie wichtigen Projekten in der Gemeinde sowie eine politische Verankerung in einem Kinder- und Jugendleitbild.

Als nächste Schritte auf dem Weg zur Erlangung des Zertifikats "Kinderfreundliche Gemeinde" werden weitere Partizipations-Workshops und Bedürfnisumfragen erfolgen. Basierend auf den Ergebnissen wird in Zusammenarbeit aller relevanten Funktionen innerhalb der Gemeindeverwaltung und den externen Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ein Aktionsplan entstehen. Daraus lassen sich Massnahmen ableiten, welche die Grundlage für eine Zertifizierung sind. In der Folge wird ein Kinder- und Jugend-Leitbild Münchenstein entwickelt, in welches die Erkenntnisse aus den Workshops und aus den Streifzügen der Kinder einfliessen. Die Partizipation jetzt und zukünftig in Münchenstein erfolgt unter dem Motto: "Teil-Sein in Münchenstein. Warum? Darum!"

Der Gemeinderat erhofft sich, dass das Label „Kinderfreundliche Gemeinde“ zu spürbaren und ersichtlichen strukturellen Veränderungen für Familien mit Kindern und Jugendlichen führt, die sich mittel- bis langfristig positiv auf den Standort Münchenstein auswirken.